Es gibt viele Gründe, sogenannte Seifenopern (auch bekannt als
"daily soaps", also wochentäglich gesendete Fernsehserien im
Vorabendprogramm, in denen es primär um Probleme der Protagonisten
mit ihren Liebes- bzw. Lebenspartnern, Familienangehörigen und
Freunden geht) abzulehnen, sei es die Flachheit der erzählten
Geschichten, die Eindimensionalität der Charaktere oder die
Hölzernheit der Kulissen und der schauspielerischen Leistungen, die
ja nicht verwundern kann, wenn man bedenkt, dass solche Serien
tatsächlich wie am Fließband produziert werden (zumeist müssen
mehrere Folgen an einem Tag abgedreht werden) - ich möchte diesen
Argumenten noch eines hinzufügen: Seifenopern vergiften das Reden
über Beziehungen.
Wer über seine eigene Beziehung oder diejenige seiner Bekannten
redet (besonders wenn es um Krisen geht), wird sich, wenn er solche
Fernsehserien nicht konsequent meidet, öfters dabei ertappt fühlen,
die gleichen Ausdrücke, die gleichen Sätze, die gleichen
Formulierungen wie die Protagonisten dieser Serien zu verwenden, so
dass das eigene Leben, die eigene Beziehung zur Nachäffung der
platten Geschichten und Konstellationen aus diesen Serien zu
verkommen scheint.
Wer Freunde mit Liebeskummer trösten, selbst Liebesschwüre verfassen
oder eine Beziehung beenden will, wird alsbald auf die schon
tausendmal versendeten vorgestanzten Beziehungsformulierungen in
seinen Worten stoßen, oder sich in der plakativen Küchenpsychologie
üben, deren Argumentationsschienen schon zu Dutzenden in jeder
dieser Vorabendserien vorexerziert wurden.
Aus den ebengenannten Gründen (und nicht primär wegen der
überschaubaren künstlerischen Qualität) versuche ich, den Kontakt
mit Seifenopern weitestgehend zu vermeiden. Damit ich über
unkontaminierte Worte verfügen kann.