Der Nabel der Welt

Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß sind sich charakterlich nicht unbedingt ähnlich. Auf der einen Seite Rummenigge, der seine Worte zumeist mit Bedacht wählt und sorgfältig formuliert, zum anderen Hoeneß, der mitunter auf eine Frage hin seine Worte ausschwärmen lässt wie Bienen, deren Stock eben angegriffen wurde, und die sich wahllos Angriffsziele in der näheren Umgebung suchen. Dennoch eint die beiden zweierlei: Zum einen ihre Funktion als (Geschäfte-)Macher des FC Bayern, zum anderen ihr Hang zur Bayern-Hybris, die sie regelmäßig zum Ausdruck bringen:

"Diese Leistung war eines FC Bayern nicht würdig" (KHR nach Niederlagen)
"Wer glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Dass ihr uns dafür kritisiert, dass wir uns dafür den Arsch aufreißen, dieses Stadion hinzustellen?" (UH an die Fans gerichtet; Jahreshauptversammlung 2007)
"Der FC Bayern gehört vom Selbstverständnis her in die Champions League" (beide; insbesondere in der Saison 2006/07, als Bayern die Champions League verpaßte)
"Der DFB sorgt sich nicht, ob der FC Bayern gegen Chelsea mithalten kann. Da findet in Deutschland Populismus auf höchstem Niveau statt." (KHR nach dem Ausscheiden gegen Chelsea in der Champions League)

Ungeahnte Höhen erreicheten allerdings Rummenigges Äußerungen bei der Meisterfeier 2008 des FC Bayern im Münchner Rathaus: "Es kann nicht sein, dass uns die Stadt München auf den Rathausbalkon einlädt, und der Oberbürgermeister macht Urlaub auf Mykonos. Vermissen werden ihn unsere Fans nicht...aber aus Respekt und auch aus Anstand hätte er hier anwesend sein müssen. Damit muss Schluss sein. Ein für alle mal. Verändern Sie ihre Haltung, Herr Ude, und vor allem ihre Politik gegenüber dem FC Bayern. Werden Sie dem FC Bayern gegenüber gerecht." Da war sie wieder, die Hybris. Rummenigge sieht offenbar sein FC-Bayern-zentriertes Normensystem als allgemeingültig an. Interessant, dass zwar OB Ude, der ranghöchste Vertreter der Stadt München, dem FC Bayern seine Aufwartung hätte machen sollen, dass aber umgekehrt Franz Beckenbauer, (noch) Präsident und damit höchster Repräsentant des FC Bayern, der Meisterfeier ebenfalls fernblieb. Offenbar hat Beckenbauer auch keinen Respekt vor dem FC Bayern - oder schätzt die Meisterfeier eben doch nicht als das (politische) Event des Jahres der Stadt München ein. Beckenbauers Verhalten kümmert Rummenigge aber weniger; vielmehr sieht er den FC Bayern von außen zu wenig gewürdigt. Eigentlich sollte doch der ganze Freistaat - nein, die ganze Bundesrepublik! - dem großen FC Bayern huldigen. Da stört Gegenwind in der eigenen Stadt natürlich. Und wirkt, wiederum von außen betrachtet, doch erfrischend.

Zum Schluss gab es aber doch noch Versöhnliches von Rummenigge, dem großmütigen Herrn der Normen: "Ich reiche Ihnen [Ude] hier und heute die Hand dazu...es liegt ab sofort an Ihnen." Na dann...





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